
Persische Teppiche
Das Teppichknüpfen ist ohne Zweifel eine der hervorragendsten Ausdrucksmöglichkeiten iranischer schöpferischer Kraft. Es ist eine Kunst, die sich schrittweise über Jahrtausende im Rhythmus einer uralten Kultur fortentwickelt. Im iranischen Teppich zeigen sich Menschlichkeit und Demut vortrefflicher Künstler, bei denen die Kunst selbstverständlicher Teil des Lebens ist.

Das Teppichknüpfen ist ohne Zweifel eine der hervorragendsten Ausdrucksmöglichkeiten iranischer schöpferischer Kraft. Es ist eine Kunst, die sich schrittweise über Jahrtausende im Rhythmus einer uralten Kultur fortentwickelt. Im iranischen Teppich zeigen sich Menschlichkeit und Demut vortrefflicher Künstler, bei denen die Kunst selbstverständlicher Teil des Lebens ist.
Es ist nötig, die Geschichte des Teppichknüpfens im Iran hervorzuheben, weil die Iraner an diesem Kunsthandwerk - das ist unwiderlegbar - den bedeutendsten und reichsten Anteil gehabt haben.
Es ist anzunehmen, dass der Iran die Heimat des handgeknüpften Teppichs ist. Mit Sicherheit jedoch stammen von dort die schönsten Exemplare überhaupt. Es muss hier auch gesagt werden, dass die Zeichnungen der iranischen Teppiche kunstvoller und feiner ausgearbeitet sind als die der Teppiche anderer Länder, was beweist, welche Perfektion die Kunst des Teppichknüpfens in diesem Land erreicht hat.
MUSTER
Der Phantasiereichtum iranischer Künstler
findet in der erstaunlichen Vielfalt der Teppichmuster seinen Ausdruck. In
jeder Region sind eigene Muster entwickelt und immer beibehalten worden. Dank
dieser Tradition kann man die verschiedenen Herstellungszentren
identifizieren.
Im Gegensatz zu Teppichen anderer Länder finden sich im Dekor persischer
Teppiche oftmals menschliche Gestalten, Fabelwesen und Tiere, die sich in
einer phantasievollen Märchenwelt zu bewegen scheinen. Die äußerst lebendige
Darstellung der Natur unterscheidet den persischen Teppich von anderen. Eine
besondere Bedeutung kommt den Bordüren zu, die das Zentralmotiv betonen und
das ganze Teppichfeld wirkungsvoll umrahmen. Die Teppichmotive sind meist
klein und bis in die geringsten Details sorgfältig ausgearbeitet. Manche unter
ihnen erinnern an uralte Glaubenslehren.
MATERIAL
Die feine weiche Wolle des persischen
Fettschwanzschafs ist von hoher Qualität und hat dem iranischen Teppich den
Ruf guter Haltbarkeit eingetragen. Diese Wolle wird für den Teppichflor
verwendet, vielfach auch ist sie das Material für Kette und Schuss. Für den
Flor ist sie im Allgemeinen zweifädig, d.h., zwei gesponnene Wollfäden sind
lose umeinander gedreht. Manche Teppiche sind in Seide geknüpft, es sind
Kostbarkeiten vermögender Teppichfreunde.
Baumwolle, deren Anbau in
der Provinz Masandaran, in der Nähe des Kaspischen Meeres sehr erfolgreich
betrieben wird, dient meist als Material für Kette und Schuss.
Die Teppichstruktur ist abgesehen vom Material auch abhängig von den nach jeder Knüpfreihe durchgeführten Schussfäden. Bei einfachem Durchschuss liegen die Kettfäden nebeneinander, bei Teppichen mit doppeltem Schuss liegen die Kettfäden fast übereinander, so dass auf der Rückseite die oberen meist nicht sichtbar sind. Durch diese »Schichtung« erhält der Teppich eine viel dichtere Struktur.
KNÜPFEN
Die Herstellung eines Teppichs beginnt mit
dem Befestigen der Kettfäden auf dem Knüpfstuhl. Das ist eine sehr delikate
Arbeit, denn alle Kettfäden müssen ganz gleichmäßig gespannt werden, um ein
Verziehen des Teppichs zu verhindern.
Vor der ersten Knüpfreihe
wird zunächst mit den Einträgen mehrerer Schüsse zwischen die Kettfäden ein
schmaler sackleinwandähnlicher Rand gewebt, welcher der ganzen Knüpfarbeit
Halt gibt.
Man kennt verschiedene Knotenarten. Die bekanntesten und in Iran gebräuchlichsten sind der Türkische oder der Ghiordes- Knoten und der Persische oder der Senneh-Knoten.
Der Türkische Knoten
Zu Knüpfbeginn lässt man die ersten drei
oder vier seitlichen Kettfäden frei, die beim Hin und Her der Schussfäden den
schmalen, aber unbedingt notwendigen Seitenstreifen bilden werden.
Der
Knoten wird so um ein nebeneinanderliegendes Kettfadenpaar geschlungen, dass
die Enden des Knüpffadens gemeinsam zwischen den beiden Kettfäden
herauskommen; sie werden sofort auf gleiche Länge geschnitten. Der nächste
Knoten wird um die beiden folgenden Kettfäden geknüpft, usw. Nach einer
fertiggestellten Reihe trägt der Knüpfer einen oder zwei Schüsse ein, wobei er
mit Hilfe zweier Stöcke die Kettfäden voneinander trennt. Mit einem schweren
Metallkamm schlägt er jeden Schuss gegen die Knotenreihe. So knüpft er
Knotenreihe um Knotenreihe bis zur Fertigstellung des Teppichs; der auf diese
Weise entstandene Flor wird zum Schluss auf die gewünschte Höhe
geschoren.
Der Persische Knoten
Nachdem die ersten
Kettfäden für den Seitenstreifen freigelassen sind, wird auch dieser Knoten
über zwei nebeneinanderliegende Kettfäden geknüpft. Jedoch wird hier im
Gegensatz zum Türkischen Knoten nur ein Kettfaden ganz vom Knüpffaden
umschlungen, während der andere nur von beiden Seiten und hinten umfasst wird.
So kommen die beiden Fadenenden getrennt nach vorne, das erste zwischen dem
Kettfadenpaar und das zweite zwischen dem neuen und dem vorhergehenden Knoten.
Den Senneh-Knoten kann man von rechts nach links wie auch umgekehrt ausführen;
deshalb wird er manchmal auch zweihändiger Knoten genannt.
KNÜPFSTUHL
Es gibt zwei Grundformen von
Knüpfstühlen: den von den Kaschkai, den Turkmenen und früher als Nomaden
lebenden Bevölkerungsgruppen verwendeten horizontalen Knüpfstuhl und den
vertikalen, der von den städtischen und sesshaften ländlichen Handwerkern
benutzt wird.
Der horizontale Knüpfstuhl ist am einfachsten
konstruiert, beim vertikalen hingegen gibt es drei verschiedene Typen: den
ländlichen Knüpfstuhl, den Täbriz- Knüpfstuhl und den Rollenknüpfstuhl.
FARBEN UND FÄRBEN
Die Schönheit der Farben
und ihre harmonische Zusammenstellung bezaubern den Freund des persischen
Teppichs. Die Iraner, Meister in der Kunst des Färbens, verstehen nicht nur
leuchtende und gedämpfte Farbtöne zu erreichen, sondern wissen auch die
stufenweisen Veränderungen mit einzubeziehen, denen die einzelnen Farben im
Lauf der Zeit unterliegen. Das Färben wurde früher ausschließlich mit
pflanzlichen oder tierischen Extrakten betrieben. Die synthetischen Farben
konnten sich nur sehr langsam durchsetzen; auch heute noch trifft man übrigens
in einigen Orten auf mit Naturfarben behandelte Wolle.
Einige Rezepte:
Um ein volles Blau zu erhalten, wässert man Indigo
zwölf Stunden lang, zerreibt es darauf in einem Mörser zu feiner Paste, fügt
Granatapfelschale und Alaun hinzu. Gut gemischt, muss das Ganze nun mit Wasser
verdünnt sieden; in das heiße Farbbad gibt man die Wolle und lässt sie darin
kalt werden.
Für Türkisblau verwendet man den Stiel der
Lackmuspflanze, den man mit Urin fermentiert.
Für einen schönen
Gelbton soll man Safran, Gelbwurzel und welke, in der Sonne getrocknete
Weinblätter nehmen, das Ganze vier bis sechs Stunden sieden lassen und mit
Alaun fixieren. Die zuvor gewaschene und getrocknete Wolle soll etwa
dreißig Stunden in diesem Bad bleiben. Granatapfelschale ergibt ebenso einen
gelben Farbton wie auch eine Beize. Für Grün verwendet man neben der Mischung
von Gelb und Blau den Kreuzdorn; das sog. »Chinagrün« basiert auf dieser
Pflanze.
Früher färbte man die gesponnene Wolle nicht im Bund. Jeder Faden wurde
nach einem etwas umständlich scheinenden Verfahren in den Farbstoff getaucht,
herausgenommen und im Freien getrocknet. Diese Prozedur hatte den Vorteil, den
unterschiedlich dicken Fäden viele Farbabstufungen und vor allem einen
natürlichen Glanz zu geben. Um das bestätigt zu finden, betrachte man
aufmerksam Farbe und Glanz antiker oder alter Teppiche: der Flor ist hier
lebendig, reflektiert unendlich viele Farbschattierungen und ist überhaupt
nicht mit den uniformen Abstufungen der synthetisch gefärbten Wolle zu
vergleichen, der man eine chemische Wäsche angedeihen lassen muss, um ihr
etwas Glanz zu geben.
Diese Färbemethode geht bis zu den Anfängen
der Teppichherstellung zurück; in nahezu allen Produktionsgebieten ist sie bis
1870 anzutreffen. Von diesem Zeitpunkt an fanden die von Ausländern
eingeführten Anilinfarben mehr oder weniger zögernd Eingang. Heute verwenden
sehr viele Handwerker diese Farben, die eine Vielfalt von Farbtönen aufweisen,
außerdem billig, leicht zu transportieren und zu verarbeiten sind.
DATIERUNGEN
Häufig findet man Teppiche mit
einer kurzen Inschrift in einer Kartusche. Es kann sich hierbei um den Namen
des Auftraggebers, den des Künstlers oder der Manufaktur und das
Herstellungsjahr handeln. Hat man die islamische Jahreszahl (verschieden von
der iranischen) entziffert und will sie in christliche Zeit umrechnen, muss
man sie um 3% vermindern und 622 hinzufügen. Das Jahr 622 ist das der
Hedschra, d.h. des Aufbruchs Mohammeds von Mekka nach Medina; mit dieser
Jahreszahl beginnt die mohammedanische Zeitrechnung. Mitunter kommt es vor,
dass unseriöse Händler das Teppichdatum ändern lassen, was nicht schwer zu
bewerkstelligen ist. Auch kopierte Teppiche tragen das Datum ihres Vorbildes.
Dennoch gibt es mehrere Kriterien, die es ermöglichen, einen Teppich bis auf
etwa dreißig Jahre genau zu bestimmen; es sind dies Muster, Knüpf-System,
Farben und Material. Fachstudien und eine lange Praxis im Umgang mit Teppichen
sind nötig, um sich die unentbehrlichen Kenntnisse für die Datierung zu
erwerben.